Sonntag, 18. April 2010

Illusionen

Die völlige Lustlosigkeit hatte ihn wieder eingeholt. Nach einem Wochenende, an dem man durchgehend mit den gleichen Menschen zu tun hatte, fühlte er sich am ersten Tag der Woche ohne diese Dauerbeschäftigung an wie ein Legastheniker, dem es trotz größter Sehnsucht nicht gelingen konnte, auch nur einen Satz auf ein leeres Blatt Papier zu schreiben. All die Gedanken und Gefühle, all das, was er vielleicht an einem Tag, oder an einem Wochenende erlebt hatte, all das, was ihn fertig gemacht und erfreut, was ihn in irgendeiner Weise beschäftigt hatte, schien überhaupt keinen Sinn mehr zu machen, kein roter Faden, kein Verständnis, kein Gefühl schien mehr vorhanden zu sein. All seine Hoffnungen zerbrachen wie ein Zahnstocher. Traf er nun auf die Menschen, mit denen er eine gute oder beschissene Zeit hatte, wirkten diese Menschen auf ihn so, als hätte er nie auch nur ein Wort mit ihnen geredet.

Traf er nun doch auf eine Frau, die ihn an einem dieser Tage mal ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hatte, eine Frau, die ihn vom deprimierenden Alltag ablenkte und all seine pessimistischen Gedanken zerfließen ließ, als wären es nur haltlose Illusionen gewesen, die von dann an unwichtig und lächerlich schienen und selbst ihr Recht auf Existenz völlig illusionär wirkte, so riss diese Frau dem Menschen mit der kleinsten kalten Schulter, der kleinsten Interessenlosigkeit, eine tiefe Lücke ins Herz, eine Lücke, die die Sehnsucht erstarren und erfrieren ließ. In diesem Moment wurde der Grund für das vergangene Lächeln zur Illusion, und all die Illusionen, die vorher bestanden hatten, stauten sich zusammen, um den Glauben und die Hoffnung an Geborgenheit und Liebe in unerreichbare Ferne rücken zu lassen.


Montag, 12. April 2010

Exkurs: April

Langsamer Tag - langsame Nacht
Grelles Licht, essen
Satt werden, wieder hungrig werden
Trockenes Brot, wenig Tinte im Stift

Zittrige Hand
Warten auf eine Nachricht von Lou
Ablenkung
Wimper im Auge

Schreie von draußen, wackelnder Tisch
Schwäche für schlechte Filme
Bettdecke ist zu kurz
Träumerei

Massage im Nacken
Kopf fällt zurück
Kuss
Träumerei

Leere Flasche
Fliege im Glas
Bild auf der Wand hat Flecken
Herz-Schritt-Macherin


Sonntag, 14. März 2010

Morgengrauen

[1]

Wecker kaputt
Schmutziges Besteck
Kein Licht im Bad

Nasse Zeitung
Kleingeld zählen beim Bäcker
Mülltonne auf der Straße

Flüchtiger Blick
Hund an der Leine
Magengeschwür

Fußnagel eingerissen
Schimmel am Flaschenboden
Laute Nachbarn


Sonntag, 24. Januar 2010

Größe

Als kleines Kind war man stets von der Größe einer Sache begeistert. War ein Haus groß, schwärmte man davon. Die Dinosaurier waren groß gewesen. Nur deswegen fand man sie doch so faszinierend. Und weil man sie aus Bilderbüchern kannte. Hätte ich damals vor so einem Ding gestanden; ich wäre gerannt. Hatte man Geburtstag, war es wichtig, dass die Torte immer groß war. Viel größer als die vom besten Freund. Man musste sich ja doch immer gegenseitig ausstechen. Die Geschenke mussten natürlich auch groß sein. Was hätte einem so ein kleines Spielzeugauto auch schon gebracht. Es musste groß sein, nach Möglichkeit sogar irgendein Panzer oder so ein LKW, den man mit einer Fernsteuerung durch’s Wohnzimmer brettern lassen konnte. Hauptsache groß. Irgendwann verlor man das Interesse und es musste was neues her. Woran man dann schleißlich auch wieder das Interesse verlor. Ein ewiger Kreislauf, bis man dann irgendwann lernte, sich mit weniger zufrieden zu geben. Weniger war mehr, redete ich mir ein.
Und heute laufe ich durch den Supermarkt und bin beeindruckt, für wie wenig Geld man sich mittlerweile volllaufen lassen kann.


Müde, ratlos, ungekämmt.

Ich denke an gemeinsame Spaziergänge an langen Fjorden, Theaterbesuche, Ausschlafen, Telefonate in der Nacht, Reisen.

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