Samstag, 10. Oktober 2009

Zu spät

Ich telefonierte mit Frank.
„Und, läuft gut, der neue Job?“, fragte er mich.
„Naja, weißt du, ich bin morgens ziemlich fertig. Ich komm mit dem Schlafrhythmus nicht klar. Aber der Job ist in Ordnung. Er lenkt mich was ab, weißt du.“
„Ja, wird dir nicht schaden. Freut mich, dass es dir was besser geht.“
„Geht bergauf, obwohl’s mich dann und wann alles wieder fertig macht.“
„Klingt lächerlich“, Frank zögerte kurz „aber meine Nummer hast du ja. Kannst du drauf zählen.“
„Hab ich schon oft gehört, sowas. Aber ich nehm’s dir mal ab“, schmunzelte ich.
„Will ich dir geraten haben“, scherzte Frank zurück.
„Alles klar. Gut, dann bleibt’s bei Samstag 19 Uhr?“
„Ja, ich rufe durch, falls sich was ändert.“
„Gut, bis Samstag.“
„Ok, bis Samstag. Ciao.“
„Ciao.“
Ich legte auf. 23 Uhr. Eigentlich eine dumme Idee, so früh schon schlafen zu gehen. Aber um meinen Schlafrhythmus etwas zu korrigieren, blieb mir nichts anderes übrig.
Ich legte mich also ins Bett, lag aber noch lange rum. Irgendwas wollte mich nicht müde werden lassen. Es mussten herumschwirrende Gedanken gewesen sein. Aber warum mussten sich die Biester gerade meinen hässlichen Kopf aussuchen? Konnten sie nicht einfach abziehen und mich schlafen lassen? Ich fühlte mich unschuldig.
In meinem Kopf ging es nun rund, in meinem Zimmer war alles recht still. Den Tag über war auch nichts passiert. Diese wirren Gedanken und die unheimliche Stille wirkten auf mich befremdend. Ich brauchte jetzt erst einmal etwas real Wirkendes. Ich kippte das Fenster. Alle sieben oder acht Sekunden bretterte ein Auto vorbei. Es war laut. So kannte ich das, so war ich es gewohnt. Selbst um diese Uhrzeit. Jetzt wirkte es hier oben wieder einigermaßen real. Kurze Zeit später hörte ich eine laute, männliche Stimme von draußen. Ich konnte keine Worte verstehen, nur irgendwelche lauten Laute. Vielleicht waren es auch gar keine Worte, sondern nur eine Folge unvollständiger Gedankengänge. Oder ich verstand einfach nicht, was er zu sagen hatte. Naja, hatte wohl ein Verständigungsproblem, dieser Kerl da unten. Dazu kam noch ein bellender Hund. Bellte ununterbrochen. Vielleicht sprach oder bellte der Typ mit dem Hund. Wahrscheinlich fühlte er sich unbeobachtet und ließ seinen Instinkten freien Lauf. Kurz drauf hörte ich ein schreiendes Kind. Um diese Uhrzeit. Zwischendurch immer die lauten Laute von dem Typ. Und dieser bellende Hund. Doch klang er auch sehr seltsam. Er bellte nicht, er fauchte. Leicht angeschlagen. Es klang wie ein alter Mensch, der würgen musste, oder noch besser, wie die alte Oma, die stundenlang am Fenster saß und nur darauf wartete, bis der kleine Florian seinen Ball in ihr Beet schoss, damit sie ihn anfauchen konnte. Warum tat sie das überhaupt? Was für ein Chaos da unten auf der Straße. Ich stand ruckartig auf und schloss das Fenster. Danach legte ich mich wieder Bett. Diese kranken Gedanken.


Müde, ratlos, ungekämmt.

Ich denke an gemeinsame Spaziergänge an langen Fjorden, Theaterbesuche, Ausschlafen, Telefonate in der Nacht, Reisen.

Suche

 


Alltag
Delta-Trilogie
Exkurs
Frühling
Hirngespinste
Vergangenes
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren